Der Weidmann auf der Pirsch

Veröffentlicht von hmichel777 am

Die Deutsche Jagdzeitung berichtet in ihrer neuesten Ausgabe über Geocacher und deren unangepasstes Verhalten im Jagdrevier. Wie so oft, wird dort polemisiert und über einen Kamm geschoren, was das Zeug hält.
Scheinbar hat man sich für die Ausgestaltung des Artikels Cacher ausgesucht, die sich überhaupt nicht bewusst waren was sie taten, um sie in einer bereits zuvor festgelegten Art und Weise zu diskreditiren. Die Vorurteile, die bereits in der Jägerschaft bestanden, wurden natürlich trefflich bedient.

Schade eigentlich.

Bisher hatte ich persönlich von der Jagd eine sehr positiv geprägte Meinung. Die Regulierung und Pflege unserer Wildbestände ist existenziell wichtig für unsere Wälder und Fluren. Nach der Beseitigung der natürlichen Räuber durch den Menschen, muss jetzt der Mensch regulieren. Außerdem bin ich ein echter Wildbretliebhaber. Eine Diskussion über eine eventuelle Mordlust der Jäger und den Tierschutz gehört jetzt hier mal nicht hin – und halte ich im übrigen auch für Nonsens.

Leider ist derartige Stimmungsmache, wie sie durch die DJZ verbreitet wird, weder für uns Geocacher, noch für die Weidmänner, wirklich fördernd. Die Geocacher werden in ein falsches Licht gestellt und die Jäger auch.
Welcher vernünftige Geocacher geht denn bewusst ohne Beleuchtung nachts im Wald spatzieren und gibt somit freiwillig ein Ziel für Jäger ab?
Welcher Jäger schießt bewusst auf etwas, von dem er nicht weiß, was es ist? Welche Wildsau leuchtet im Dunklen mit Taschenlampen? Sofern ein Jäger so etwas in Erwägung zieht und ihm daher schon der Finger am Abzug zuckt, dem gehört der Jagdschein entzogen. Da es keinen Geocaching-Führerschein gibt, wird es im Gegenzug natürlich schwieriger, uneinsichtige und rücksichtslose Cacher abzustrafen.

Man kann es nicht abstreiten: es gibt sie – die Cacher, die im Dunklen ohne Leuchte durch den Wald wandern, die ohne Grund die Wege verlassen und die Jagd stören. Das machen Jogger, Mountainbiker und Pilzsucher auch, weshalb sie aus Sicht der Jägerschaft genauso kritisch beäugt werden, wie wir Geocacher.
Ich verlasse auch Wege, wenn die Suche nach einem Cache dies erfordert. Was daran wäre auch so schlimm (Naturschutzgebiete und Nationalparks mal außen vor gelassen)? Auch Jäger verlassen die Wege um in ihrem Revier nach dem Rechten zu sehen. Noch vor wenigen Jahrzehnten zogen im Herbst und Winter regelmäßig ganze Dörfer auf der Suche nach Beeren, Kräutern, Pilzen und Brennholz durch die Wälder. Das ist in einem Wirtschaftswald (um die es sich bei dem überwiegenden Teil der Waldflächen immernoch handelt), wohl auch kaum ein Problem, wenn die Bäume, wie mit dem Maßband gezogen, so im Wald stehen, dass Ernte- und Abfuhrmaschinen dazwischen passen und dies auch so praktiziert wird. So natürlich, wie mancher Wald scheint, ist er nämlich nicht.

Die Problematik ist doch eher in der unterschiedlichen Interessenlage begründet.

Wer ist denn eigentlich ein Jäger? Welche Funktion erfüllt er? Welche Intention treibt ihn an?
Zunächsteinmal ist da die bereits genannte Wildpflege und Regulierung. Doch ist das auch sein Antrieb? Ist die Jagd sein Beruf oder sein Hobby? – Also eine Pflicht oder eine Freizeitbeschäftigung, der sich der Weidmann voll und ganz widmet (ganz so, wie ein Cacher, der sein Hobby mit Herzblut betreibt)?

In unserer Gegend gibt es keine Berufsjäger (zumindest ist mir noch keiner begegnet). Die Waffenträger hier sind allesamt Freizeitjäger, die einen hohen Pachtpreis für das Jagdrecht zahlen müssen. Zusätzlich werden sie durch die Jagdgenossen (Eigentümer der Feld- und Waldgrundstücke) auch finanziell zur Rechenschaft gezogen, wenn das Wild die landwirtschaftlichen Flächen und Produkte beschädigt. Aus meiner Sicht gehört schon ein großer Teil Enthusiasmus dazu, sich diesen finanziellen Bürden auszusetzen. Da keimt bei mir dann auch Verständnis für den Jagdpächter auf, der in seiner Jagd durch Personen gestört wird, die den Wald wiederum für ihre Freizeitbeschäftigung und Erholung nutzen. Wild ist scheu und die Jagderfolge werden potentiell geringer, wenn das Wild beständig gestört wird und angestammte Plätze verlassen muss, weil vielleicht ein Cache dort gelegt wurde. Eigentlich sollten die Jagdpacht und die Wildschadenentschädigungen durch die Veräußerung der erlegten Tiere zu decken sein. Je schwieriger aber die Jagd wird, umso größer die Gefahr von Wildschäden und damit die finanziellen Belastungen des Jagdpächters.

Da der Jäger also eigentlich auch nur in Ruhe sein Hobby ausüben und mit der Jagd nicht mehr als für ihn vertretbar finanziell belastet werden will, ist ihm jeder weitere Waldnutzer per se ein Dorn im Auge – ganz egal aus welchem Grund die andere Person sich im Wald befindet. Aus meiner Tätigkeit als Schriftführer einer Jagdgenossenschaft weiß ich, dass es Jagdpächter gibt, denen schon die Holzabfuhr ein Dorn im Auge ist. [Vorurteil an]Aus gleichem Personenkreis weiß ich auch, dass Jäger oft Personen sind, die man in Führungspostionen wiederfindet und durchaus der gehobenen Mittelschicht zuzuordnen sind. Die Jagd ist ein teures Hobby. Es dürften sich deshalb nur selten Fließbandarbeiter mit Durchschnittseinkommen in ihren Reihen wiederfinden. So wie sie es dann aus ihrem Arbeitsumfeld gewohnt sind, nämlich, dass alles nach ihrer Nase tanzt, so erwarten sie es dann auch im Wald. Dementsprechend werden störende Wanderer, Pilzsucher und Jogger des Waldes verwiesen. Dies dürfte auch ein Grund dafür sein, dass die Jägerschaft eine große Lobby in der Politik hat: da dürfte sich so manch Jäger in den entscheidenden Funktionen wiederfinden.[/Vorurteil aus]

Aufgrund der Lobby, die die Jäger haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Rufe nach Waldbetretungsverboten oder Gecoacheverboten auch in der Politik erhört werden. Leider fehlt uns Cachern eine Lobby, die dem entgegentreten könnte. Vielleicht sind die zaghaften Versuche der Wanderjugend oder dem Wanderverband als Sprachrohr der Cacher zu dienen gar nicht so schlecht für uns, wie manche Cacher meinen. Es sind zumindest Versuche, Geocaching als positives Freizeiterlebnis zu vermitteln – auch wenn dahinter kommerzielle Interessen stehen (was ist daran eigentlich so schlimm? – häufig kommen gute Sachen erst so richtig in Fahrt, wenn sie einen kommerziellen Erfolg erwarten lassen). Ein eigener Cacherverband wird sich aufgrund der losen Zusammenwürfelung der Cacher wohl kaum finden.

Welche Möglichkeiten gibt es für uns Cacher, um Problemen aus dem Weg zu gehen?

Aus meiner Sicht gibt es ein paar einfache Grundregeln:

  • Zuerstmal: an die eigene Nase fassen und das eigene Verhalten kritisch hinterfragen. Sowohl in Bezug auf das Cachesauslegen, als auch auf das Suchen. In der Folge das eigene Cacheverhalten anpassen. Ja, ich bin auch schon im Wald mit dem Auto gefahren – und das mache ich, da wo es nicht ausdrücklich verboten ist, auch weiterhin. Ich werde aber künftig zweimal darüber nachdenken und im Zweifel wieder mehr zu Fuß gehen. Auf den Wegen zu bleiben, solange es irgendwie geht, ist ohnehin sinnvoll. Viel zu oft läuft man Umwege oder stolpert sich in unwegsamem Geläde einen ab und wäre auf dem Weg schneller gewesen, auch wenn er länger schien.
  • Sich selbst hinterfragen: Ist ein Nachtcache im Wald wirklich notwendig? Muss ich wirklich einen legen? Muss ich wirklich einen Nachtcache im Wald suchen? Muss ich den Cache abseits des Weges im Naturschutzgebiet wirklich suchen oder logge ich ein SBA?
  • Caches, die eindeutig fehl am Platze sind (z. B. an Kirrungen) SBA loggen oder wenn es die eigenen sind, entfernen.
  • Keinen Hehl aus dem Hobby machen – Ein Geocacher ist kein Geheimagent. Im familiären Umfeld und Bekanntenkreis kann es nicht schaden, die positiven Seiten des Cachens herauszukehren. Es schadet nicht, wenn viele Leute wissen, was Geocaching ist – das vermindert im Übrigen auch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand wegen eines Petlings am Bahnhof einen Bombenalarm auslöst. Bildung hat noch keinem geschadet. Also streut Euer Wissen ruhig. Die Zeiten in denen Geocachen wirklich im Geheimen in der Abgeschiedenheit des Unbekannten stattfand, sind nunmal vorbei und lassen sich auch nicht mehr herbeireden.
  • Aber: Keinen Kontakt zur Presse – egal wie vielversprechend der beabsichtigte Bericht in Aussicht gestellt wird. Man weiß letztlich nie, wohin der Artikel mal verkauft wird, selbst wenn er nur für die Regionalzeitung gedacht war. Wie schlampig viele Journalisten arbeiten, hat man in letzter Zeit häufig genug nachlesen können.
  • Beim Cachen selbst: nie als Cacher zu erkennen geben. Nicht wegen der Geheimhaltung um das Hobby – sondern zum Schutz der Caches.
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    In diesem Sinne: Halali und Horrido!

    Siehe auch: jr849

    Kategorien: Gedanken zum Rest

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